Automatisierungslösungen stärken Sicherheitsbewusstsein auf Baustellen
Case study
Autor:Brad Mullis Brad Mullis ist Product Manager Machine Control bei Hexagon’s Geosystems Division.
Jedes Unternehmen möchte kosteneffizient agieren, um finanziell gesund zu bleiben. Gerade in der Baubranche spielt der Kostenfaktor eine wichtige Rolle. Nur für Sicherheit sollte kein Preis zu hoch sein. Unsere Sorge gilt den Menschen unter den Schutzhelmen – ist doch die Baubranche mit weltweit jährlich zahlreichen Toten und Verletzten nach wie vor sehr risikobehaftet.
Im Vergleich zu anderen Branchen ist die Wahrscheinlichkeit, dass Bauarbeiter bei ihrer Tätigkeit ums Leben kommen, dreimal und das Verletzungsrisiko doppelt so hoch. Sicherheit muss deshalb an erster Stelle stehen. Hierfür spricht auch der wirtschaftliche Aspekt, da sich Unfälle am Bau mit fast doppelt so hohen Kosten zu Buche schlagen wie in anderen Branchen.
Technologie schärft Sicherheitsbewusstsein auf Baustellen
Wenn wir die Bedeutung von Sicherheit verstanden haben, können wir eine Kultur etablieren, die ihr oberste Priorität einräumt. Regelmäßige Sicherheitstrainings, Maßnahmen zur Gefahrenerkennung und Schulungen an der Maschine sind für das gesamte Personal auf einer Baustelle obligatorisch. In den vergangenen zehn Jahren hat insbesondere die digitale Maschinensteuerung dazu beigetragen, die Arbeit auf Baustellen genauer, effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Diese Lösungen entwickeln sich mehr und mehr zu einer Sicherheitsplattform direkt im Führerstand. Die auf dem Display verfügbaren Informationen verschaffen dem Maschinenführer einen besseren Umgebungsüberblick, um Kollisionen von Maschinen mit Personen, anderen Maschinen oder Gegenständen zu vermeiden.
Durch genau Mess- und Positionierungstechnologie vor Ort werden Daten frühzeitig und über die gesamte Projektdauer hinweg kontinuierlich erfasst. Die Erfassung korrekter Abstände und Volumen ist für die Sicherheit entscheidend, da diese Informationen später über das Entwurfsmodell die richtige Vorgehensweise definieren. Reality-Capture- Technologien bieten raschen Zugriff auf genaue, umfassende digitale Modellabbildungen der realen Umgebung. Die Erfassung von Daten mit autonomen Laserscannern wie dem Leica BLK2FLY minimiert für Vermessungsingenieure das mit dem Erklettern von Halden oder dem Abstieg in Baugruben verbundene Risiko. Um bei Grabungen das Kappen von Kabeln oder Rohrleitungen zu vermeiden, muss ober- und unterirdisch geprüft werden. Moderne Radarsysteme zur Leitungsortung identifizieren mögliche Sicherheitsrisiken und helfen, Unfälle zu vermeiden.
Leica Geosystems verfügt über mehr als 200 Jahre Erfahrung in der Vermessungsbranche und gehört zu Hexagon, einem weltweit führenden Anbieter von Sensoren, Software und autonomen Lösungen. Auf Grundlage dieser Expertise haben wir ein komplettes Lösungsportfolio zur Stärkung des Sicherheitsbewusstseins auf Baustellen entwickelt. Insbesondere für Baumaschinen und Fahrzeuge fokussieren wir dabei einen der größten Risikofaktoren der Branche: Die Kollision zählt nach wie vor zu den häufigsten Ursachen für Unfälle am Bau mit Todesfolge.
Technologie schützt Mensch, Maschine und Infrastruktur
Leica Geosystems und Xwatch Safety Solutions haben gemeinsam eine neue Lösung entwickelt, mit der Anlagen und Infrastruktur auf Baustellen geschützt werden können. Die Sicherheitssysteme der XW-Serie von Xwatch umfassen eine Höhen- und Schwenkregelung sowie eine Nennleistungsanzeige (RCI). Diese Technologien sind in die 2D- und 3D-Maschinensteuerungs- und Sicherheitslösungen von Leica Geosystems integriert und verhindern, dass ein Bagger schwerere Lasten hebt als zulässig.
Anwender können so direkt in der Maschinen- steuerungssoftware Leica MC1 ober- und unterirdische 3D-Sicherheitszonen erstellen bzw. importieren. Ob Hindernisse über Kopf, stark frequentierte, enge und dicht bebaute Bereiche oder unterirdische Versorgungsleitungen – beim Passieren dieser Zonen werden die Hydraulikfunktionen des Baggers gedrosselt oder komplett gestoppt.
In die Kombilösungen sind auch die Personen- alarmsysteme (PA) von Leica Geosystems integrier- bar. Zum Personenalarm Leica iCON PA10 gehört ein von Fußgängern getragener Anhänger, der mit den dazugehörenden, in den Maschinen und Fahrzeugen installierten Systemen kommuniziert. Falls sich Mensch und Maschine zu nahekommen, warnt das System. Die Lösung bietet drei konfigurierbare Alarmdistanzen und übermittelt akustische, visuelle und haptische Rückmeldungen an den Fußgänger sowie optische und akustische Warnungen an den Maschinenführer oder Fahrer.
Zur weiteren Verbesserung dieser Funktion integriert Leica iCON PA80 die Personenalarm- lösung in die Maschinensteuerung Leica MC1. Der Maschinenführer erhält optische und akustische Warnungen direkt auf dem Display in der Kabine. Fußgänger mit einem PA-Anhänger können einen Panikalarm auslösen, der den Maschinenführer alarmiert. Falls sich eine Person mit Anhänger oder ein Objekt in einer definierten Zone im Umfeld der Maschine befindet, verlangsamt die Xwatch-Technologie die Maschine zuerst, um sie anschließend vorsichtig zu stoppen.
Die Kombination aus Kollisionsvermeidung und Personenalarm erfordert eine Kommunikation zwischen den Maschinen. Dabei werden potenzielle Kollisionen in einem Umkreis von bis zu 800 Metern berechnet.
Eine Verbesserung der Sicht des Maschinen- führers erhöht die Sicherheit auf der Bau- stelle. Die Plug-and-Play-IP-Kamera Leica VA80 zur visuellen Unterstützung verfügt über ein Sichtfeld von 120 Grad. Diese erfasst einzelne Aufzeichnungspunkte mit Bildern und geografischen Positionen. Zwischenfälle oder Gefahrensituationen können über USB und Leica ConX aufgezeichnet und exportiert werden. Die Verbindung zur cloudbasierten Kollaborationsplattform verbessert auch den Remote-Support, da diesem die Livebilder der Kamera zur Verfügung gestellt werden können.
Datenbasierte Informationen stärken das Sicherheitsbewusstein
Diese Technologie in Verbindung mit regel- mäßigen Schulungen für das Baustellen- und Büropersonal sowie die Maschinenführer, stärkt das Sicherheitsbewusstsein vor Ort und minimiert das Risiko für Zwischenfälle. Das Leica ConX Modul für Sicherheitsbewusstsein nutzt die bestehende Leica ConX-Cloudinfrastruktur zur Sammlung der von PA10, PA80 und der Kollisionsvermeidung CAS generierten Daten und Warnungen. Bauleiter verschaffen sich so einen vollständigen Überblick über alle Zwischenfälle und Beinaheunfälle. Die Erfassung und Auswertung der Daten wird das Sicherheitsniveau auf der Baustelle im Zeitverlauf erhöhen, da sich dadurch ähnliche Risikosituationen in der Zukunft vermeiden lassen.
Die Daten sind nach Ereignis, Gerätetyp, spezifischer Maschine und Gefährdungshöhe filter- und exportier- bar. Darüber hinaus visualisiert das Modul die ausgewählten Daten auf einer Heatmap, damit bestimmte Bereiche oder Maschinen mit erhöhtem Risiko leicht zu identifizieren sind.
Zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Büro und Feld kann das Büropersonal SOS-Meldungen an alle oder ausgewählte Benutzer der MC1-Software bzw. an bestimmte Maschinenführer senden. So können die Teams im Feld vorab über kritische Ereignisse wie Brände, Chemieunfälle oder Unwetter informiert werden. Die Empfänger müssen den Erhalt der Meldung bestätigen. Auf diesem Weg lassen sich Personen identifizieren, die möglicherweise noch in Gefahr sind, und schnelle Entscheidungen über das weitere Vorgehen treffen.
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Um Leben und Gesundheit in diesem dynamischen Umfeld zu schützen, gilt es, Risikofaktoren zu vermeiden. Oft fehlt auf der Baustelle das entsprechende Bewusstsein für das Geschehen vor Ort. Vorbeugende Maßnahmen können nur ergriffen werden, wenn auch potenzielle Unfälle gemeldet werden, was oft nicht erfolgt.
Unternehmen und Behörden sind für die Stärkung des Sicherheitsbewusstseins und das Ergreifen geeigneter Maßnahmen verantwortlich. Technologie kann dazu beitragen, Risiken zu mindern und Menschenleben, Maschinen und Infrastruktur zu schützen. Dabei spielen nicht nur physische, sondern auch psychologische Aspekte eine Rolle. Ein positives Sicherheitsgefühl schafft Vertrauen und ein angenehmes Arbeitsumfeld für das Baustellen-Team, während das Büro-Team die Arbeitsbedingungen auf Grundlage der gewonnenen Daten aus realen Situationen weiter verbessern kann. Die Priorisierung dieser Aspekte erhöht die Sicherheit, Jobzufriedenheit sowie Produktivität und fördert die Nachhaltigkeit sowie optimale Ressourcennutzung.