Visuelle Intelligenz als Schlüsselfaktor für die Baubranche

Authors: Chandler McCormack ist VP Building Solutions bei Hexagon’s Geosystems Division sowie CEO von OxBlue, einem Unternehmen von Hexagon


Die in Bildern enthaltenen Informationen sind nicht immer aussagekräftig. Obwohl sich die Technologie rasant weiterentwickelt hat, sind viele Datenpunkte eines Fotos nach wie vor ungenutzt.

Während sich viele Branchen auf Gesichtserkennung durch Bildauswertung konzentriert haben und Systeme mit künstlicher Intelligenz (KI) bereits mit wenig Input Bilder generieren können, ist es bis heute eine Herausforderung, die Unmengen an Informationen eines Fotos, komplett nutzbar zu machen.

  • Wie verstehen Sie, was bei einer Momentaufnahme passiert?
  • Wie erschließt sich Ihnen die Vorgeschichte?
  • Wie ist erkennbar, unter welchen Umständen das Foto entstanden ist?

In der Baubranche gehören Fotodokumentationen einfach dazu. Ob Generalunternehmer, Eigentümer oder Bauträger – sie alle sind angewiesen auf Transparenz, um richtige Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt ergreifen zu können. Doch was früher nur eine simple Form der Dokumentation war, ist heute ein wichtiger Bestandteil der Leitung, Überwachung und Vermarktung eines Bauvorhabens.

Übersichtliche Bilder – eine zeitlose Lösung

Vor dem Aufkommen von Highspeed-Internet war die Datenanbindung von Baustellen denkbar schlecht. Webcams konnten einen Videostream nur im Format 320 x 240 bieten. Doch diese Ansichten waren und sind enorm wichtig. Sobald Bauarbeiten laufen, ist ein Informationsaustausch nicht nur auf das Team vor Ort beschränkt: Generalunternehmer müssen sich mit Architekten und Ingenieuren abstimmen. Bauträger legen einen zeitlichen Ablaufplan für potenzielle Investoren fest. Eigentümer wollen sehen, dass ihre Investition sicher ist.

In den späten 1990er Jahren ging es darum, Livebilder rasch und in guter Qualität zur Verfügung zu stellen. Der Internetzugang erfolgte über Telefonmodems mit langen Datenübertragungszeiten und blockierten Telefonleitungen. Bilder luden quälend langsam Pixel für Pixel, Zeile für Zeile. Server und eigene Telefonleitungen mussten am Bau eingerichtet werden, damit Daten über eine Provider-Verbindung übermitteln werden konnten, anstatt die regulären Telefonleitungen stundenlang zu blockieren.

Mit Online-Baustellenkameras in den frühen 2000er Jahren konnten erstmals Echtzeitinformationen von der Baustelle an alle Stakeholder geliefert sowie relativ lückenlose Aufzeichnungen geführt werden. Dies war die Geburtsstunde der automatisierten Dokumentation. Die Bilder enthielten Metadaten, also automatisch gespeicherte Informationen über Datum und Uhrzeit der Aufnahme.

Damit ließen sich Änderungen auf der Baustelle nachvollziehen und nach Datum  und  Uhrzeit filtern. Anhand der Fotos gelang es, eine Zeitraffer-
Dokumentation des Baufortschrittes zu generieren. In nur 30 Sekunden konnten sich die Kunden detailliert vom Baufortschritt vor Ort überzeugen.

Doch Metadaten waren einfach zu ändern oder zu löschen. Allein das Speichern eines Bilds von einer Kamera auf einen PC konnte seine digitale Herkunfts- geschichte auslöschen. Und selbst wenn die Metadaten erhalten blieben, fehlte es den Bildern immer noch an Kontext: Wie waren z. B. die Wetterbedingungen des Tages? Welche sichtbaren Informationen, die der Entscheidungsfindung dienen können, befinden sich auf dem Bild? Welche auf den ersten Blick nicht sofort ersichtlichen Inhalte gibt es sonst noch?

Bis 2012 entwickelten sich Baustellenkameras zu Eckpfeilern eines funktionierenden Projekt- managementsystems. Diese Kameras

  • gaben einen einfachen Überblick über ein oder mehrere Bauvorhaben von überall und jedem Gerät aus
  • lieferten eine objektive, ungefilterte Dokumentation zur Minimierung von Risiken und Nacharbeit
  • hielten das Team auf dem aktuellen Stand

Die Weiterentwicklung von Computern und Mobil- funksystemen machte auch vor Kameras nicht Halt. Zunehmend konnte die Technologie auch bei der Entschlüsselung der Datenpunkte pro Bild unterstützen. Wetterdaten und Niederschlagswerte wurden mit einem Zeitstempel versehen und den Bildern zugeordnet. Via optischer Zoomfunktion konnten Details eines Kamera-Livestreams genauer analysiert werden. Und dann der Gamechanger: Einfach per Klick auf ein Projekt konnte man nachvollziehen, was auf der Baustelle innerhalb des letzten Tages, der vergangenen Woche, eines Monats oder ab dem ersten Tag passiert war. An den Kameras wurden technische Verbesserungen wie eine Erhöhung der Megapixelzahl, Video- stabilisierung, erweiterte Zoomfunktionen und Steuerung von anderen Geräten aus vorgenommen.

Ende der 2010er Jahre ging es noch vorwiegend darum, scharfe, schnelle Bilder vom Baufortschritt zu erhalten. Kamerahersteller entwickelten zusätzliche Optionen, um beispielsweise Schmutz auf dem Objektiv oder falsche Aufnahmewinkel zu beseitigen. Der Kunde wollte wartungsfreie Baustellenkameras, die er nach Montage „vergessen“ konnte, solange sie ihm Echtzeitbilder auf seinen Bildschirm lieferten.

Bis die Pandemie kam.

Künstliche Intelligenz bietet innovative Kontrollmöglichkeiten

Plötzlich ging es nicht mehr nur darum, den täglichen Baufortschritt unter Kontrolle zu halten – auf einmal musste man wissen, was im ganzen Land vorging.
Bei OxBlue waren wir an vorderster Front, als die Pandemie in Bezug auf die Nutzung visueller Daten ein neues Zeitalter einläutete. Wir begannen, KI als Unterstützung für unseren eigenen internen Support einzusetzen. Unsere Kunden sollten sicher sein, dass wir als zuverlässiger Partner das
Kameramanagement zu 100 % unter Kontrolle hatten.

Eine Baustellenkamera ist in der Regel für ein Jahr vor Ort montiert und erfasst in dieser Zeit meist um die 25.000 Bilder. In Verbindung mit KI entfaltete diese Bildersammlung plötzlich das Potenzial, zu einem extrem wertvollen Tool zu werden, das entscheidenden Kontext für künftige Verbesserungsansätze bot. Darüber hinaus schufen Kamera und KI gemeinsam eine unsichtbare Kraft – es fühlte sich an, als
wäre ständig das ganze Team vor Ort im Einsatz. Durch die Echtzeit-Kamerabilder brauchte nicht auf Quartalsberichte gewartet zu werden, um die
Auswirkungen der Pandemie auf die Bauindustrie abschätzen zu können: Die KI-gestützten
Bilder zeigten Stillstandszeiten ebenso wie Aktivitätsspitzen genau.

Plötzlich begann KI, Baustellenbilder und-videos in einen Kontext zu setzen. Zunächst standen Aktivitätsdaten im Fokus; dann folgten Sicherheitsinformationen, wie etwa das Tragen von Schutzhelmen und Warnwesten. Langsam ergab sich ein immer vollständigeres Bild. Zum ersten Mal konnten Kunden den Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Wetter nachvollziehen. KI konnte Bilder auf bestimmte Objekte hin überprüfen und diese lokalisieren. Informationen, wie oft z. B. bestimmte Maschinen zum Einsatz kamen oder Bislang war dies nur durch Analyse gesammelter Datenbestände über Monate oder gar Jahre hinweg möglich.

Diese Art der Bildauswertung durch KI ist noch relativ neu. Die Google-Bildersuche fand im Jahr 2001 durch Jennifer Lopez in ihrem berühmten grünen Kleid ihren Anfang. Dennoch kann Google aus diesen Bildern bis heute nicht entnehmen, wie viele Besucher anwesend waren, um sie auf dem roten Teppich zu sehen, oder wie lange diese geblieben sind. Andere, neuere Innovationen wie DALL-E konzentrieren sich darauf, Bilder aufgrund einer Nutzeranfrage zu kombinieren, statt Informationen aus Bilddaten zu extrahieren.

Baustellenkameras liefern  heute  Erkenntnisse, die ohne die Kombination mit KI in diesem Umfang sicher nicht verfügbar wären. Plötzlich sind diese Frage einfach zu beantworten:
 
  • Welche Faktoren verursachen Verzögerungen auf der Baustelle?
  • Wo werden Ressourcen nicht ausreichend genutzt?
  • Erfüllen Auftragnehmer unsere Vereinbarungen?
  • Wann und wo wurden unsere Geräte geliefert?
  • Hat sich der Sturm am vergangenen Wochenende auf den Baufortschritt ausgewirkt?
  • Läuft alles nach Plan?

 

Die Evolution der Kamerabilder als Revolution der Effizienz

KI stellt Daten bereit, mit denen Generalunternehmer, Eigentümer und Bauträger das Tagesgeschäft einfach steuern können, die aber zusätzlich noch wichtige Informationen und Erkenntnisse liefern.

Heute sind Bilder nicht mehr nur Momentaufnahmen, sondern spiegeln auch die Situation und die Umstände im Zusammenhang mit dem Foto. Während Fotos früher nur dazu dienten, den Baufortschritt zu kontrollieren, bilden sie heute eine Quelle für Veränderungen. Visuelle Informationen sind schon für sich genommen wertvoll, aber auch zu erkennen, was noch dahinter steht, wird unsere Zukunft entscheidend beeinflussen.

Durch die kontinuierliche Erfassung von Standort- aktivitäten lassen sich im Laufe der Zeit wichtige Einsichten gewinnen, die sich positiv auf künftige Vorhaben auswirken werden. Kameras können nun als eine Art Stresstest für das Unerwartete dienen.

Wie gehen wir weiter vor, nachdem wir gesehen haben, dass Team A zwar in Rekordzeit arbeitet, dafür aber auch sehr viel mehr Sicherheitsverstöße begeht als Team B, das durchweg erst eine Woche nach dem geplanten Termin fertig wird? Inwiefern ändert sich unsere Planung, nun da wir wissen, dass gemietete Maschinen nur zu etwa 30 % über einen Zeitraum von wenigen Tagen verwendet werden, während wir früher davon ausgingen, dass sie 100 % der Zeit benötigt werden? Das Wissen darum, was wirklich gut läuft bzw. was immer wieder
 
Probleme bereitet, gibt vor allem auch Aufschluss über Verbesserungspotenziale oder zu ergreifende Maßnahmen.

Wir stehen noch am Anfang

KI steckt noch in den Kinderschuhen. Trotzdem sind die aktuellen Prognosen mehr als vielversprechend. Verantwortliche sehen nun ohne viel Aufwand, ob auf einer Baustelle zwei Tage hintereinander nur geringe Aktivität herrscht. Falls Sicherheitswarnungen einen bestimmten Schwellenwert überschreiten, können entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. KI kann sogar Bewegungen ausmachen und hierüber unmittelbar die Sicherheitsverantwortlichen in Kenntnis setzen.

Das Potenzial von KI ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Kameras in Verbindung mit dieser Technologie sind bereits in der Lage:

  • Quickly verify jobsite activity, equipment delivery and material use
  • Report findings that highlight when something on site needs your attention
  • Support compliance of evolving safety, health and regulatory standards

Was wir derzeit mit Sicherheit sagen können, ist die Tatsache, dass wir mit konsequenter Datenerfassung effizienter als je zuvor konsistente Resultate erzielen können..

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Hier finden Sie Ihren Leica Geosystems Ansprechpartner für Vertrieb, Support und technischen Service.
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