Tiefer graben mit Überwachung
Fallstudie
Autoren: Martin Rub, Lidija Špiranec und Katja Omlor
Die Schweizerische Bundesbahnen AG (SBB) initiierten zusammen mit der Stadt Winterthur ein langfristiges Erweiterungsprojekt zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Bahnhofs Winterthur. Aufgrund der zunehmenden Anzahl von Passagieren, die sich für diese umweltfreundliche Transportalternative entscheiden – täglich bis zu 120.000 Menschen – benötigte der viertgrößte Bahnhof der Schweiz im Norden eine größere Fußgängerunterführung, damit ein besserer Zugang zu den Bahnsteigen bestand, sowie einen angrenzenden Fahrradtunnel, der die beiden Teile der Stadt verbinden und zu einer großen Fahrradgarage führen sollte. Die geplante neue Fußgänger- und Fahrradunterführung sollte zudem verschiedene Geschäfte umfassen, um das Einkaufserlebnis am Bahnhof zu verbessern. Die SBB beauftragten für dieses komplexe Projekt – insbesondere, da eine Unterbrechung des Bahnverkehrs nicht in Frage kam – die ARGE STRABurg (STRABAG AG und die Burger Stahlbau AG) mit den Bauarbeiten sowie die Terradata AG mit den gesamten Überwachungs- und Vermessungsarbeiten, die im Rahmen des Projekts durchzuführen waren.
Die Erweiterung hat sowohl ein funktionales als auch ein visuelles Ziel: Neben einer verbesserten Reise- und Lebensqualität soll dieses Projekt dazu beitragen, den Bahnhof von Winterthur in ein attraktives Eingangstor zur Stadt zu verwandeln, das das alte Stadtzentrum mit dem neuen Teil der Stadt verbindet. Zudem werden die neue Fußgänger- und Fahrradunterführung, ein neues Logistikzentrum sowie ein unterirdischer Parkplatz für Fahrradfahrer die Sicherheit und den Komfort der Reisenden erhöhen, wenn sie sich für dieses Transportmittel entscheiden.
Wann immer ein Projekt das Leben von Menschen berührt, insbesondere hinsichtlich ihrer Sicherheit, ist es wichtig, die nur die besten Partner zu wählen.
Ein kühnes Projekt mit hohen Sicherheitsanforderungen
Die neue Fußgängerunterführung „Nord“ am Bahnhof Winterthur verläuft unter sieben bestehenden Gleisen. Aus diesem Grund erstellte die Ingenieurgemeinschaft, bestehend aus der Locher Ingenieure AG, der F. Preisig AG sowie der 10:8 Architekten GmbH das Konzept eines 50 m breiten Korridors – mit 14 temporären Eisenbahnbrücken, die ihn für die vierjährige Bauzeit überbrücken sollten. Um die Fußgänger über die Projektdauer sicher zu leiten, plante die Ingenieurgemeinschaft PUWI zudem eine getrennte temporäre Fußgängerbrücke aus Stahl. Diese temporäre Brücke muss aus Sicherheitsgründen ebenfalls überwacht werden. Zu guter Letzt umfasst dieses komplexe Projekt auch einen bestehenden Autoparkplatz oberhalb des Bahnhofs, einschließlich einer Zufahrtsrampe. Das Parkdeck wird statisch betrachtet auf dem Bahnhof liegen. Im Unterführungsbereich müssen die Pfeiler vorübergehend den Bau der neuen Unterführungsdecke tragen sowie die zuvor genannten Pfeiler für das Parkdeck.
Abbildung 1: Querschnitt der neuen Unterführung und der vorübergehenden Stütz-Mikropfähle für die Parkdeckkonstruktion darüber. Die Darstellung zeigt zudem das Parkdeck und die temporäre Brücke (links und rechts), einschließlich Verankerungen. Die farbigen Punkte markieren die Überwachungspunkte. Zeichnung der Locher Ingenieure AG.
Während des Baus, müssen Setzungen und Verschiebungen an den sich im Betrieb befindlichen Gleisen, an den temporären Brücken sowie an dem bestehenden Parkdeck oberhalb des Bahnhofs permanent alle 15 Minuten überwacht werden.
Da der Bahnverkehr im vollen Umfang und sicher weiterlaufen muss, sendet das von Terradata installierte Überwachungssystem Benachrichtigungen, sobald es Bewegungen feststellt, die außerhalb definierter Grenzwerte fallen. Dieses komplexe Projekt umfasst nicht nur das Messen von Gleisverformungen, sondern auch die Überwachung weiterer Bauprozesse während der kompletten Überholung des Parkdecks. Aus diesen Gründen werden die temporären Brücken an jedem Ende mittels magnetischer reflektierender Prismen überwacht (blaue Punkte). Vor und hinter den temporären Brücken werden die Gleise alle 4,8 m überwacht (blaue Punkte). Die temporären Pfeiler, die das Parkdeck stützen (magentafarbene Punkte), werden in vier verschiedenen Höhen überwacht, um mögliche Setzungen während des Aushubs für ihre Mikropfähle zu erfassen.
Abbildung 2: Das Konzept von Terradata zum Messen der gesamten farbigen Überwachungspunkte. Zeichnung der Locher Ingenieure AG.
Der überwachte Bereich muss auch benachbarte Gebäude umfassen, damit strukturelle Schäden vermieden und die Sicherheit der Menschen gewährleistet werden kann. Die Terradata AG erfasst Daten mittels geodätischer und geotechnischer Überwachungssensoren. Ausgehend von den erfassten Daten werden 3D-Verformungen berechnet (wie Verwindung und Setzungen der Gleise und andere typische Bahnparameter).
Abbildung 3: Eine Überwachungs-Totalstation von Leica Geosystems auf einer Deckenmontageplatte.
Abbildung 4: Links: Ein Zug fährt über die temporären Brücken, die durch Mikropfähle gestützt wurden. Rechts: Die Übergangszone des Gleisschotters zu den temporären Stahlbrücken. Beide Strukturen werden von Leica Totalstationen über drei Jahre alle 15 Minuten vermessen.
Das Überwachungs-Super-Paket
Terradata verlässt sich bei der automatisierten Deformationsüberwachung auf Totalstationen und die Überwachungslösung GeoMoS von Leica Geosystems. Eines der entscheidenden Geräte dabei ist die Überwachungs-Totalstation Leica Nova TM50. Sie ist das am besten geeignete Instrument für die Überwachung des Bahnverkehrs: Sie ist schnell und leise und wird von den Passagieren auf den Bahnsteigen kaum wahrgenommen.
Die folgende Ausrüstung wurde für die Baustelle in Winterthur ausgewählt:
- 7 automatisierte Überwachungs-Totalstationen von Leica Geosystems
- 420 präzise reflektierende Glas-Prismen
- 25 hydrostatische Nivelliergeräte für die Überwachung der Gebäudesetzung
- 20 Drucksensoren zur Überwachung der Last
- 2 Schwingungssensoren zur Überwachung struktureller Erschütterungen
- 40 Rissmesser für die Überwachung der Auswirkungen der Bahnhofs-Unterfangung
- 20 Neigungssensoren zur Überwachung der Mikropfähle
Abbildung 5: Links: BIM-Modell der Unterfangung des Bahnhofgebäudes mit ihren Mikropfählen. Rechts: Aushubarbeiten, an der Stelle, wo das Gebäude auf die temporären Mikropfähle drückte (BIM von F. Preisig AG).
Abbildung 6: Web Viewer von TEDAMOS (schweizerische Überwachungslösung von Terradata) mit sämtlichen Messungen für die Unterfangung des Bahnhofgebäudes. Zwei 3D-Totalstationen von Leica überwachten die Fassade. Ein Schlauchwaagen-System überwachte die Höhe des bestehenden Gebäudes und der Ausdehnungsverlauf der 40 hydraulischen Pressen wurde durch Rissmesser gemessen. Biaxiale MEMS-Sensoren überwachten die Neigung der Mikropfähle. Das Überwachungsprojekt lief rund um die Uhr mit einem Messintervall von bis zu einer Minute während der Aktivierung der Lastpressen.
Abbildung 7: Beispiel einer Verformungs-Zeitreihe eines Überwachungspunktes am Parkdeck, die saisonale Effekte (Ausdehnung und Zusammenziehen) auf die Stahlstruktur (dL-Komponente) sowie die Alarmstufen in Gelb, Orange und Rot darstellt.
Abbildung 8: Überwachungs-Totalstation von Leica Geosystems an einem schrägen Pfeiler.
Den richtigen Partner wählen
Terradata AG, der größte Anbieter von Vermessungs- und Überwachungs-Dienstleistungen in der Schweiz, nahm diese spannende Überwachungs-Herausforderung an.
„Unsere Lösungen haben das Ziel, potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Wir sind spezialisiert auf die Gewährleistung der Sicherheit, überall dort, wo Bauwerke, Infrastruktur, Boden und Naturgefahren die Hauptrolle spielen“, so Martin Rub, Teamleiter Monitoring. „Das Bahnprojekt in Winterthur erlaubt uns, unsere gesamte Ausrüstung und Software einzusetzen. Wir haben uns für die Überwachungslösung von Leica Geosystems entscheiden, da wir stets bestrebt sind, unseren Wettbewerbsvorteil zu wahren.“
Der Hauptgrund für die Wahl der Produkte von Leica Geosystems war die Qualität der Totalstationen. Neben der speziellen Überwachungssoftware von Leica Geosystems nutzt Terradata zur Visualisierung der Daten zudem seine eigene Entwicklung TEDAMOS (schweizerische Überwachungslösung von Terradata).
Abbildung 9: Neben der automatisierten Überwachung werden eine Vielzahl von manuellen Deformations-Überwachungsaufgaben durchgeführt.
Innovation ist die einzige zukunftssichere Strategie
Die Terradata AG hat einen starken Leitspruch: „Wir messen und dokumentieren – überall dort, wo Bauwerk und Boden die Hauptrolle spielen.“ Zweiteres resoniert perfekt mit dem Slogan „When it has to be right“ von Leica Geosystems. Eine starke Ausrüstungspartnerschaft während komplexer Überwachungsprojekte bedeutet, dass Kunden sich rund um die Uhr auf ihre Geräte verlassen können müssen. Die Terradata AG wartet daher gespannt auf weitere technologische Innovationen im Kommunikationssegment. Leica Geosystems freut sich auf weitere spannende Projekte, bei denen die Sicherheit durch branchenführende Hardware, Software und Dienstleistungen gewährleistet wird, und für diese hochkarätige Überwachungslösungen bereitzustellen.
Sie sind an der Überwachung interessiert? Sie können gerne weitere unserer Fallstudien lesen, die zeigen, wie Kunden unsere Lösungen zur Verbesserung ihres Überwachungs-Workflows nutzen: